Letzte Beitragsaktualisierung: 04/01/2022 von Hubert Mayer
Blogeinladung - was bedeutet das?Uns ist in alten mæren wunders vil geseit
von helden lobebæren, von grôzer arebeit,
von freude un hôchgezîten, von weinen un klagen,
von küener recken strîten muget ir nû wunder hœren sagen.
(„Uns wird in alten Erzählungen viel Wunderbares berichtet,
von rühmenswerten Helden, großer Kampfesmühe,
von Freuden und Festen, von Weinen und Klagen;
von den Kämpfen kühner Helden könnt ihr nun Wunderbares erzählt hören.“)
So beginnt die Nibelungensage – und mit diesen vorgetragenen Worten auch unsere besondere Stadtführung in Worms, die es nur während der Nibelungenfestspiele gibt: „Auf den Spuren der Nibelungen“
Zumindest in der Version der Handschrift ist dies der Beginn, denn von der Nibelungensage existieren verschiedene Abschriften. Das erfahren wir gleich zu Beginn von unserer Stadtführerin Bettina Maurer, nicht ohne verschmitzt hinzufügen, dass sie die Nibelungen liebt und wir das noch merken werden im Laufe der folgenden etwa 1,5 Stunden.
Die Stadtführung Worms „Auf den Spuren der Nibelungen“ startet am Südportal des Wormser Doms (übrigens: Der Eingang für das Volk, die Hochgestochenen sind früher durch das Nordportal, doch dort ist während dieser Festspiele der Backstagebereich.
Der Wormser Dom ist einer von drei romanischen Dome auf kleinster Fläche, die beiden anderen stehen in Speyer und Mainz. Nirgendwo anders stehen drei Kathedralen so eng aufeinander! Der Wormser Dom ist übrigens der jüngste und kleinste von allen, doch er ist schon beeindruckend genug. Die Ostseite zeige ich euch in einem späteren Beitrag zu der Premiere der Nibelungenfestspiele, hier heute mal einen Teil der Südseite (später gehen wir auch noch rein, keine Sorge).
Zurück zu der Stadtführung auf den Spuren der Nibelungen. Das Nibelungenlied ist seit 2009 UNESCO Weltdokumentenerbe, 33 unterschiedliche Abschriften sind bekannt. Die Handschriften A, B und C sind die bekanntesten, diese existieren in vielen, sich nur leicht unterscheidenden Varianten und ist gemischt in alt- und mittelhochdeutscher Sprache geschrieben.
Der Autor der Abschrift C muss ich gut in Worms ausgekannt haben, erfahren wir, denn die Stadt wird ganze 30 Mal erwähnt! Und es wurden tatsächliche Ereignisse und Personen untergebracht.
2300 Strophen in 39 Kapiteln bzw. Aventüren ist das Nibelungenlied lang, ließe man es sich komplett vorlesen, wäre man wohl 8-10 Stunden mit Zuhören beschäftigt, erzählt uns Frau Maurer. Ca. 10 Kälber mussten dafür ihr Leben lassen, denn geschrieben wurde das Nibelungenlied auf 170 Seiten Pergament!
Wir laufen währenddessen los, es geht auf der Stadtführung Worms weiter in Richtung des Marktplatzes von Worms. Neben der Tourismusinfo, auf der Ecke der Hagenstrasse werden wir auf den ersten Hinweis der Nibelungensage in Worms aufmerksam gemacht. An der Hauswand ist eine Statuette von Volker von Alzey zu sehen.
Seine Rolle im Nibelungenlied ist die des Spielmanns am Hof der Burgunder in Worms – einen weiten Weg hatte er also nicht, denn Alzey liegt nur etwa 20 km entfernt von Worms. Die Spielleute waren damals für die Verbreitung der Geschichten zuständig. Sie kamen von Hof zu Hof und berichteten unterhaltsam von dem, was sie gehört habe (natürlich nicht, ohne alles auszuschmücken…). Dennoch waren sie für Weitergabe von Nachrichten in dieser Zeit unverzichtbar.
Die Nibelungen sind übrigens allgegenwärtig in Straßennamen und Brücken in Worms. Eben erwähnt, die Hagenstraße, gibt es auch eine Nibelungenstraße, die am Hagendenkmal über den Rhein führt. Auch Giselher, Gernot, Gibich, Dankwart und natürlich auch Siegfried haben Ihre Straßen, letzterer auch einen Brunnen, direkt dort, wo wir gerade stehen.
Doch wer war eigentlich dieser Siegfried? Auch das ist schnell erzählt: Ein Königssohn, der losgezogen war, um Abenteuer zu erleben. Ein gut erzogener Mann, der weise erzogen wurde. Der nicht herrschen wollte, der Kriege gewann. Und die Geschichte mit dem Drachen, die Du jetzt wohl im Kopf hast aus deiner Kindheit? Die kommt nur als Erzählung von Hagen von Tronje an König Gunther vor, der ahnt, wer der Mann mit 12 Gefährten ist, der auf den Hof der Burgunder zureitet.
Ok, ein paar Stichworte zur Erinnerung an Dich: Gebadet in Drachenblut, dadurch unverwundbar bis auf die Stelle, auf der das Lindenblatt bei dem Bad fiel. Ausgestattet mit der Tarnkappe des Zwergs Alberich, der den Hort (Schatz) des verstorbenen Königs Nibelung bewachte. Und mit dem Schwert Balmung, das Schwert von Nibelung.
Siegfried muss Gunther helfen, Brunhild (Brünhild) von Isselanden (möglicherweise Island?) im Zweikampf zu besiegen, weil nur diese nur einen Mann bereit ist zu heiraten, der stärker ist als sie (denn sie verliert ihre magischen Kräfte, sobald sie ihre Jungfernschaft verliert). Das passiert mithilfe der Tarnkappe und die kommt auch in der zweiten Nacht nach der Doppelhochzeit zwischen Brünhild und Gunther sowie Siegfried und Kriemhild, seiner angebeteten, weswegen er nach Worms kam wieder zum Einsatz.
Leider ist Siegfried ein wenig diebisch veranlagt und klaut in dieser Nacht Brünhild einen Gürtel und schenkt ihn seiner Braut. Als sie nach Jahren wieder nach Worms kommen, bricht ein Streit zwischen den beiden Königinnen aus: über die Frage, wer den Wormser Dom als Erste betreten darf durch den Nordeingang. Denn das ist der ranghöheren vorbehalten. Vor dem Dom ist eine moderne Skulptur der beiden Königen – sorry, kein Bild, gefällt mir so gar nicht…
Und Kriemhild macht den Fehler, vor allen Zuschauern die Brünhild als Kebse ihres Mannes zu bezeichnen und „beweist“ das nach der Messe im Münster (der Dom wurde in der Sage als Münster benannt) mit dem mitgenommenen Gürtel. Das besiegelt das Schicksal Siegfrieds – und seine Kriemhild ist vertrauensvoll genug gegenüber dem kommenden Mörder Hagen, ein Kreuz auf das Gewand von Siegfried zu machen, wo die verwundbare Stelle zwischen seinen Schulterblättern ist, da Hagen angibt, Siegfried auf der Jagd beschützen zu wollen.
Während der Erzählung der Geschichte sind wir im wunderbaren Dom angelangt,
und dort schauen wir uns erst das Geschichtsfenster rechts neben dem Südportal (wenn man reinkommt rechts) an, auf dem Personen des Bistums Worms abgebildet sind. Hier ist auch eine Brunichildis, die den Thron der Burgunden geführt hat, zu sehen. Sie könnte den historischen Hintergrund der Brünhild darstellen. Dann geht es weiter zu einem Modell der alten Anlage um das Münster.
Hier sehen wir, wo Siegfried und Kriemhild samt Gefolge untergebracht waren – und wo Hagen die Leiche Siegfrieds ablegte, sodass Kriemhild diese direkt vor der Messe findet (wenn Du Richtung Westseite läufst, siehst Du auf der rechten Seite oben auf halber Höhe ein kleines Fenster an der frontseitigen Wand vor dem Bogen. Von dort oben kam Kriemhild runter in das Münster.
Immer mehr von der Geschichte der Nibelungen erzählt uns Frau Maurer – und ja, wir kommen nicht umhin, ihre Begeisterung für die Geschichte der Nibelungen und Worms zu spüren.
Wir verlassen den Dom, immer weiter geht die Geschichte (ich unterbreche diese jetzt mal, du kannst sie ja selbst nachlesen ;))
Auf dem Weg zum Marktplatz begeistert mich ja noch der Anblick der Dreifaltigkeitskirche,
dann halten wir am Marktplatz kurz inne und betrachten das erweiterte Stadtwappen.
Die Drachen können wohl wieder als Anspielung auf die Nibelungensage gelten.
Dann gehen wir weiter auf unserer Stadtführung Worms, weiter in Richtung Rhein, in Richtung des Nibelungenmuseums, das in die Stadtmauer
integriert wurde.
Als kurzer Einschub an der Stelle ein Zitat von der Website des Nibelungenmuseums (ich muss da doch mal noch hin):
Das Nibelungenmuseum ist kein Museum im klassischen Sinn, das Relikte sammelt und präsentiert. Mit seinem auf modernen Medien basierenden Konzept fügt sich das Nibelungenmuseum in die lange Tradition der Nibelungen-Rezeptionen ein. Ja, es ist selbst ein „Nibelungen-Werk“, das über den jahrhundertealten Mythos informiert, ihn interpretiert und mit seiner futuristischen Ausstellungsarchitektur begeistert und provoziert.
Das Nibelungenlied neigt sich dem Ende. Kriemhild hat inzwischen Etzel, den König der Hunnen (Ungarn; er auch als Attila bekannt) geheiratet, dürstet immer noch nach Rache und lädt die Familie inklusive des „treuen“ Gefolgsmann Hagen, von dem sie weiß, dass er der Mörder ist (kurzer Schritt zurück: Bei der Aufbahrung des Leichnams Siegfrieds bluteten die Wunden, als der Mörder neben ihn tritt), zu sich ein.
Das Ende vom Lied: Sie lässt alle im Speisesaal einschließen und niedermetzeln, nur den Bruder, Günther, und Hagen nicht. Von diesen will sie wissen, wo der zuvor von Hagen im Rhein versenkte Nibelungenschatz ist. Hagen antwortet, dass er nichts verrate, solange einer seiner Herren lebe, worauf Kriemhild ihren Bruder köpfen lässt. Hagen entgegnet höhnisch, dass nur er und Gott wisse, wo der Schatz sei und das Geheimnis ins Grab nehme. Kriemhild schnappt sich darauf hin Balmung, das Schwert ihres Siegfrieds, das Hagen höhnisch an seiner Seite trug und köpft ihn eigenhändig.
Gegenüber dem Grab von Siegfried,
findet sich eine in den Boden eingelassene Tafel, die an den Erhalt des Friedens mahnt. Darunter befinden sich ein auf 69 Ronden eingelaserter Text der Handschrift C des Epos 7 Meter, tief unter die Erde versenkt.
Hier endet auch die Führung „Auf den Spuren der Nibelungen“ an diesem Freitag. Am Abend geht es für mich auf die diesjährige Premiere der Nibelungenfestspiele mit Stück „Glut“!
Bewertung Stadtführung Worms „Auf den Spuren der Nibelungen“
Die 1,5 Stunden vergingen wie im Flug. Mit meinen mittlerweile 44 Jahren erinnerte ich mich doch an so einiges aus der Sage. Behandelt in der Schule, verschlungen als Buch und auch eine Verfilmung hatte ich gesehen.
Wer vor Ende der diesjährigen Nibelungenfestspiele (04.-20.08.2017) nach Worms kommt und auch nur das geringste Interesse an den Nibelungen zeigt: Macht die die Führung mit. Sie startet täglich um 15 Uhr am Südportal des Doms von Worms. Und hey: Ich hatte freie Auswahl aus allen Stadtführungen, und ich habe mir diese herausgesucht, da ich andere auch ein anderes Mal machen kann in Worms.
Und ich will unbedingt wieder hin, den Worms und Wormser(innen) haben mich für sich eingenommen… Vielleicht zum Backfischfest, auch wenn das schwieriger werden könnte…
Einen sehr interessanten mit Bildern verschriftlichten Vortrag über die Nibelungen in Worms mit vielen Ortshinweisen gibt es auch hier.
Hinweis: Alle Bilder sind, trotz dass sie noch recht groß sind, einigermaßen für das Web optimiert und damit spätestens auf einem Retinadisplay nicht mehr 100 % scharf. Das nehme ich bewusst in Kauf. Die Originale habe ich natürlich trotzdem: falls ein Partner bedarf haben sollte, können wir uns gerne austauschen, wie wir ins Geschäft kommen!
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Ich wurde von der Kultur und Veranstaltungs GmbH Worms eingeladen, Worms und die Nibelungenfestspiele zu erkunden. Übernommen wurde das Hotel mit Frühstück, die Stadtführung, einige Getränke am Samstag, das Dinner im Park am Samstag und eine Backstageführung am Sonntag. Zusätzlich waren wir zur Premiere der Nibelungenfestspiele am Freitag eingeladen, dafür kann man keine Karten kaufen!
Anfahrt haben wir selbst bezahlt, es floss keine Bezahlung und es wurden keine Vorgaben gemacht, ob und wann ich etwas schreiben „muss“. Grund, etwas schönzuschreiben, gibt es nicht. Ich schreibe immer über meine persönlichen Eindrücke.
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Hallo Hubert,
Coole Beschreibung der Nibelungenführung! Als Wormser natürlich bekannt :-)
Danke für den toll geschriebenen Bericht!
Liebe Grüße voM
Andreas